Donald Judd gehört zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstlern unserer Welt. Für die meisten Kunstkenner zählt er zu den bemerkenswertesten Künstlern, die der amerikanische Kulturkreis im Laufe seiner Geschichte hervorgebracht hat. Judd gilt zusammen mit Robert Morris und Sol LeWitt als Begründer und Hauptvertreter des Minimalismus, lehnte es aber ab, auf einen bestimmten Kunststil reduziert zu werden. Judd hat besonders die Kunst der amerikanischen Nachkriegszeit geprägt. Vor allem mit großzügig dimensionierten Outdoor-Installationen und außergewöhnlichen Entwürfen im Bereich Architektur und Innenraumgestaltung, die z. B. in seinem selbst geschaffenen „Kunst-Dorf“ Marfa in Texas zu bewundern sind. Judd begann seine Künstler-Karriere mit expressionistischer Malerei und hat gerade in seiner Anfangszeit als Bildhauer auch viele kleinere Skulpturen und Installationen geschaffen, wie die großen Objekte aus verschiedensten Materialien wie Beton, Plexiglas und Stahl. Wie die großen Objekte in präzise geometrische Formen gebracht, die die von Judd geschaffenen Material-Objekt-Einheiten noch betonen. In der Welt von heute bleibt Judd präsent, mit zahlreichen Skulpturen im öffentlichen Raum, bei uns in der Nähe z. B. in Bottrop, Münster, Winterthur, Schweiz und dem „Stage Set“ im Wiener Stadtpark. In den USA sind Judds Werke z. B. in Washington, New York und Marfa, Texas im öffentlichen Raum zu betrachten.

Kastenartiges Wandobjekt


Ab etwa Mitte der 1950er Jahre hatte Judd sich mit Holz als Arbeitsmaterial beschäftigt, in einer fortschreitenden Bewegung vom Figurativen zu immer abstrakteren Abbildungen, von organisch runden Formen hin zu sorgfältiger Handwerkskunst in durchgehend geraden Linien und Winkeln. Bis etwa 1961 war das Material Holz als Arbeitsmaterial sein Thema; neben der figurativen Bearbeitung experimentierte er auch mit dem Druck vom Holzblock. Die Kiste, das ist bei Judd eine rechtwinklige Konstruktion aus industriellem Material wie Aluminium oder Sperrholz, und der Stapel, das ist eine über- oder nebeneinander angebrachte, exakt ausgerichtete Reihung solcher kistenförmiger Objekte. Der Künstler selbst sprach stets von „Objekten“ und nicht von Skulpturen. Er wollte verdeutlichen, dass er zwar Urheber, nicht aber Verfertiger dieser Dinge sei, die er seit 1964 ausschließlich von Handwerkern herstellen ließ, um jede nur denkbare Spur einer Handschrift zu tilgen.


Untitled (Progression)


Donald Judds Progressions-Skulpturen sind eine Reihe von Wandskulpturen, die zwischen 1964 und den 1970er Jahren entstanden sind. Jedes Werk ist ähnlich in der Form, wobei Judds Wahl des Materials je nach Herstellungsdatum variiert. Judd basierte jedes Werk auf einer einfachen mathematischen Sequenz wie der Fibonacci-Folge. Er nannte die Werke typischerweise Untitled, wobei er manchmal das Wort Progression dem Titel hinzufügte. Judd interessierte sich zusammen mit seinen Künstlerkollegen Dan Flavin und Mel Bochner eher für den minimalistischen Begriff der Serialität oder seriellen Progression als für die eher klassische relationale Kompositionsmethode.


Untitled (Stack)


Obwohl es wie ein Gemälde an der Wand hängt, ragt Untitled (Stack) fast einen Meter aus der Wand heraus und klettert wie Sprossen auf einer Leiter vom Boden zur Decke. Er besteht aus verzinkten Eisenkästen, die alle identisch und von gleicher Bedeutung sind. Der Raum um die Kisten herum ist ebenfalls wichtig. Die Seiten sind mit im Handel erhältlicher grüner Lackfarbe überzogen, die normalerweise zur Veredelung von Harley-Davidson-Motorrädern verwendet wird. Die Ober- und Unterseiten sind aus blankem Metall. Jede der 12 Boxen ist neun Zoll hoch, und sie sind im Abstand von neun Zoll angeordnet. Abhängig von der Höhe der Decke, an der Untitled (Stack) angezeigt wird, kann die Anzahl der Einheiten reduziert werden, um den richtigen Abstand zwischen ihnen aufrechtzuerhalten. Diese Flexibilität spiegelt die Bedeutung des Gesamtkunstwerks gegenüber seinen Einzelteilen wider. Donald Judd ignorierte traditionelle handwerkliche Fertigkeiten zugunsten eines übergeordneten Systems oder einer übergeordneten Idee. Er wollte, dass seine Arbeit eine industrielle Produktionslinie suggeriert. Tatsächlich ließ Judd seine Werke in einer Fabrik herstellen, um ein perfektes Finish zu erzielen, ohne das Material nachbearbeiten zu müssen. Die Schachtel war eine von Judds Lieblingsformen, weil sie seiner Meinung nach neutral war und keine symbolische Bedeutung hatte.


Möbeldesign


Für Judd unterschied sich Möbeldesign von Kunst durch die Fragestellung; beim Kunstwerk gehe es um die Schärfung des Bewusstseins für Raum und Körper, beim Stuhl antworte die Form auf das Bedürfnis, auf eine bestimmte Weise zu sitzen - wobei das in Judds Fall nicht „gemütlich“ hieß. Lange war es kaum bekannt, dass Judd auch Möbel entworfen hatte. Anfang der siebziger Jahre war der Künstler nach Texas gezogen, hatte ein kleines Haus am Stadtrand gemietet und versucht, dieses Haus zu möblieren - aber das, was er in den Möbelläden der kleinen Provinzstadt Marfa fand, war alles, was er nicht mochte: „Nachbildungen von Antiquitäten oder Küchenmöbel aus Stahlrohr mit Plastikoberflächen, die mit sinnlosen geometrischen Mustern und Blumen bedruckt waren“. Also baute Judd sich seine Möbel selber: Strenge, einfache Holzstühle, für die beiden Kinder ein Bett, das aus einer Holzplattform besteht, die in der Mitte von einer freistehenden Wand getrennt wird und an die Einbauten alter japanischer Häuser erinnert, in denen auf ähnlichen Podesten Teezeremonien stattfinden. Als Judd, der 1928 in Missouri geboren wurde und 1994 starb, diese Möbel baute, war er bereits ein bekannter Künstler und Kunstkritiker: Er hatte eine Theorie zum „spezifischen Objekt“ entwickelt, galt als Vertreter der Minimal Art und zeigte in Ausstellungen klare, industriell wirkende Objekte, die ihrerseits wie seltsame, verfremdete Möbel oder Architekturmodelle wirkten. Da standen stählerne Kuben im Raum, aluminiumgraue Stahlkästen mit lackierten Innenseiten hingen, wie Zwitter aus Gemälden und Skulpturen, gereiht an der Wand. Die Formen von Judds Objekten erinnerten an die industrielle Moderne und das Prinzip der Serienfertigung, und in den leeren, weißen Hallen der Ausstellung sahen sie aus wie die Versuchsanordnung eines Grundlagenexperiments, bei dem die Wirkung von Proportionen, Formen und Farben im Raum erlebbar werden sollte.