Carl Andre (* 16. September 1935, in Quincy, Massachusetts) ist ein US-amerikanischer Bildhauer des Minimalismus. Carl Andre besuchte von 1951 bis 1953 das angesehene Internat Phillips Academy in Andover (Massachusetts), wo er bei Patrick und Maud Morgan den einzigen formellen Kunstunterricht seines Lebens erhielt. Andre freundete sich mit Hollis Frampton an. Ein Studium am Kenyon College, Ohio wurde frühzeitig abgebrochen. 1954 besuchte Andre England und Frankreich, 1955 bis 1956 leistete er seinen Militärdienst in Fort Bragg, North Carolina ab. Er zog 1957 nach New York, wo ihn Hollis Frampton mit Frank Stella bekannt machte, der ebenfalls die Phillips Academy besucht hatte. Andre arbeitete in den Jahren 1958–60 in Stellas Atelier. Frampton machte ihn auch auf Ezra Pound aufmerksam, in dessen Essays er auf Constantin Brancusi stieß. Erste Holzskulpturen entstanden, die Arbeiten wurden aber anscheinend von einem Nachmieter verheizt. Es handelte sich um neun Pyramiden aus vorgeschnittenen Holzscheiten, die zu einer festen Konstruktion zusammengestapelt waren. 1970 baute Andre eine dieser Pyramiden nach. Sie befindet sich heute im Dallas Art Museum. Von 1960 bis 1964 arbeitete er bei der Pennsylvania Railroad in New Jersey als Bremser auf Güterzügen und Schaffner, eine Periode, in der er kein Geld, Platz oder Zeit für bildhauerische Tätigkeit hatte, die für die Entwicklung seiner künstlerischen Intentionen von ihm selbst aber als außerordentlich wichtig eingeschätzt worden ist. Aus dieser Zeit stammen nach verschiedenen Zufallsprinzipien aus vorgefundenen Texten konstruierte Schreibmaschinengedichte. In New Jersey lernte er Robert Smithson kennen, mit dem er Wanderungen in die Umgebung unternahm. Andres erste Einzelausstellung fand 1965 in der Tibor de Nagy-Gallery in New York statt. In der Folge wurde sein Werk in namhaften Museen und Galerien gezeigt. Im Oktober 1966 nahm er mit Ad Reinhardt, Robert Smithson, Robert Morris, Agnes Martin, Jo Baer, Dan Flavin, Michael Steiner, Sol Le Witt und Donald Judd an der Ausstellung 10 in der (Virginia) Dwan Gallery teil. Am 23. Juli 1963 eröffnete Heiner Friedrich mit Franz Dahlem und seiner Frau Six in München die Galerie Friedrich & Dahlem. Neben einigen zu dieser Zeit noch unbekannten Minimal-, Land-Art- und Konzeptkünstlern zeigte die Galerie Friedrich 1968 auch die ersten Bodenplastiken von Carl Andre. Der Darmstädter Unternehmer Karl Ströher erwarb aus Friedrichs Ausstellung drei bedeutende Werke von Andre, um sie dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt als Leihgaben zur Verfügung zu stellen. Das Städtische Museum in Mönchengladbach zeigte dann Ende 1968 Werke von Andre. Im März 1969 nahm Andre an Harald Szeemanns als 'legendär' bezeichneten Ausstellung Live in your head: When Attitudes become Form (Wenn Attitüden Form werden) in der Kunsthalle Bern teil. Die Ausstellung reiste anschließend von der Kunsthalle Bern zum Museum Haus Lange in Krefeld und zum Institute of Contemporary Arts in London. 1968 waren seine Arbeiten auf der 4. documenta in Kassel zu sehen, 1970 im Guggenheim-Museum in New York, 1977 auf der documenta 6 in Kassel, 1981 auf der Westkunst in Köln, 1982 auf der documenta 7 in Kassel, 1987 im Van Abbemuseum in Eindhoven, 1994 in Brüssel im Musée des Beaux-Arts, 1996 im Museum of Modern Art in Oxford, England, 1997 im Musée Cantini in Marseille und im selben Jahr in Deutschland in der Synagoge in Stommeln. Peter Iden erwarb 1981 drei Bodenarbeiten Andres zusammen mit weiteren 84 Werken aus der Sammlung von Karl Ströher für das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt. Die Arbeiten wurden seitdem in verschiedenen Ausstellungen zwischen 1991 und 2002[8] im Frankfurter Museum und international gezeigt. 2011 wurde Andre mit dem hochdotierten Roswitha Haftmann-Preis ausgezeichnet. 2015 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 1985 hatte Andre die kubanisch-US-amerikanische Künstlerin Ana Mendieta geheiratet. Mendieta stürzte am 8. September 1985 aus dem Fenster ihrer gemeinsamen New Yorker Wohnung im 34. Stock. Carl Andre wurde 1988 vom Mordvorwurf freigesprochen. Der Tod von Mendieta ist bis heute ungeklärt.

Lever (1966)


Carl Andre wird das Verdienst zugeschrieben, die Geschichte der Skulptur verändert zu haben.[1] Andres Werke können durch vier wichtige Merkmale charakterisiert werden: Flächigkeit, modulare Kompositionen unter Verwendung standardisierter, nicht transformierter Materialien in Wiederholung, generischer Raum und Verwendung gewöhnlicher Materialien und Formen.[2] Eines von Andres wichtigsten Werken trägt den Titel "Lever"[1] Carl Andres Hebel war einer der kühnsten Beiträge in der bahnbrechenden Ausstellung Primary Structures 1966 im New Yorker Jewish Museum, die das Publikum mit dem Minimalismus bekannt machte.[3] Lever", das aus einer einzigen Reihe von 137 Schamottesteinen besteht, wurde zusammen mit anderen Minimalisten - unter ihnen Dan Flavin, John McCracken und Donald Judd - ausgestellt, die intensiv eine neue amerikanische Kunst schufen[4]. Das Werk verwandelt einen Raum sehr einfach, und die Steine schmiegen sich an den Boden.[2] Lever" ragt aus der Wand heraus und gerade über den Boden und wurde von Andre mit einer umgefallenen Säule verglichen.[3]


Equivalent VIII


Äquivalent VIII, 1966, 120 Schamottesteine, 5 x 27 x 90 ¼ Zoll, gelegentlich als "Die Ziegel" bezeichnet, ist die letzte und berühmteste einer Reihe von minimalistischen Skulpturen von Carl Andre. Die Skulptur besteht aus 120 Schamottesteinen, die in zwei Schichten in einem Rechteck von sechs mal zehn Quadratmetern angeordnet sind. Jede der acht Skulpturen von Andre in der Serie Equivalent besteht aus einer rechteckigen Anordnung von 120 Schamottesteinen. Obwohl die Form jeder Skulptur unterschiedlich ist, haben sie alle die gleiche Höhe, Masse und das gleiche Volumen und sind daher "äquivalent" zueinander.[1] Das 1966 erbaute Äquivalent VIII wurde 1972 von der Tate Gallery für 6.000 Dollar (damals 2.297 Pfund) gekauft, die Hälfte des Preises von 1966. Da keines der Stücke während ihrer Ausstellung in der New Yorker Galerie verkauft worden war, hatte Andre die ursprünglichen Steine gegen eine Rückerstattung zurückgegeben, und so wurden neue Steine gekauft und zusammen mit Anweisungen, wie sie zu arrangieren waren, nach Großbritannien verschifft.[2] Als sie 1974 und 1975 erstmals in der Tate Gallery in Millbank ausgestellt wurde, stieß sie auf keine große Resonanz. Im Februar 1976, als es nicht ausgestellt wurde, zog das Werk jedoch viel Kritik in der Presse auf sich[3], weil es den Eindruck erweckte, dass das Geld der Steuerzahler ausgegeben worden war, um einen überhöhten Preis für eine Ziegelsteinsammlung zu bezahlen. Die Ziegelsteine wurden auch von Peter Stowell-Phillips, einem Koch, verunstaltet, der sie mit blauer Lebensmittelfarbe bedeckte.[2] Der Kauf wurde auch kritisiert, weil er nur eine der Serie von acht Arrangements gekauft hatte, wodurch der Kontext ihrer 'Äquivalenz' aufgehoben wurde, und weil das Konzept des Stückes nicht anderweitig erklärt wurde.[2] Das Werk ist jetzt in der Tate Modern in Bankside untergebracht[4].


144 Lead Square 1969


Vier Jahre Arbeit an der Eisenbahn, so der Künstler, "rissen mich völlig von den Ansprüchen der Kunst, selbst meiner eigenen, weg, und ich war wieder auf den horizontalen Linien aus Stahl und Rost". Mit Systemen regelmäßiger Einheiten lehnte Andre die Vorstellung von Skulpturen ab, die auf einem Sockel montiert und aus der Ferne betrachtet werden. Sein Wunsch, "etwas zu schaffen, um in der Welt zu sein", wird durch die Tatsache verwirklicht, dass diese Skulptur versehentlich oder absichtlich betreten werden kann. Die jüngsten Forschungen über die Eigenschaften von Blei zwingen das Museum jedoch dazu, Besucher davor zu warnen, dieses Werk zu betreten.